Nachtschwarz by Patterson Richard North

Nachtschwarz by Patterson Richard North

Autor:Patterson Richard North [North, Patterson Richard]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-04-17T00:00:00+00:00


Die Frau hatte bereits fünf Freier bedient, den letzten in einem Zimmer im Royal, in dem die Lampe kaputt war und die Tapete sich von der Wand löste. Als sie in die Halle zurückkehrte und dem Typ am Empfang das Geld hinschob, zeigte die Uhr hinter ihm halb elf.

Draußen war es bitterkalt. Tina wartete vor dem Hotel, glitt aus dem Dunkel ins fahle Licht der Neonreklame. Ihre Pupillen waren wie Stecknadelköpfe, ihre Haut glänzte feucht, und sie hatte die Arme verschränkt – das typische Bild einer Süchtigen, die Entzugserscheinungen hatte. Sie sprach kaum ein Wort.

Eine tote Frau, dachte ihre Freundin und fragte sich, was aus Tinas dreijährigem Sohn werden sollte. In zehn, fünfzehn Jahren würde wahrscheinlich auch er tot sein. Sie konnte spüren, wenn es mit einem Menschen zu Ende ging. Und genau dieses Gefühl hatte sie heute bei Tina.

»Bist du in Ordnung?«, fragte sie Tina.

Tina starrte zu Boden und schüttelte den Kopf. Tränen standen ihr in den Augen. Doch sie sagte nichts. In stummem Einverständnis trennten sie sich, und Tina ging ein Stückchen die Straße runter zu ihrem Arbeitsplatz. Sie sah wie ein Gespenst aus, eine dürre Gestalt in roten Kunststoffstiefeln.

Mehrere Minuten vergingen. Dann tauchten an der nächsten Ecke weiß-gelbe Scheinwerfer auf und hielten auf sie zu. Ihr Rhythmus war der Frau vertraut. Sie wurden langsamer, je näher sie kamen – wie Augen in der Nacht, zielstrebig, auf der Suche. Sie erfassten Tina und stoppten. Kein Bremsenquietschen, kein Motorgeräusch.

Blinzelnd nahm die Frau den Wagen in Augenschein. Selbst in der Dunkelheit der Flower Street konnte sie erkennen, dass es ein teurer Wagen war, weiß, in tadellosem Zustand. Ein Wagen, der auf ein geregeltes Leben in gesicherten Verhältnissen schließen ließ.

Tina, die Arme an die Brust gedrückt, rührte sich nicht.

Ein Augenblick verstrich. Schließlich beugte sich Tina vor und spähte in den Wagen, als habe sich ein Fenster geöffnet. Sie zögerte, dann machte sie zwei Schritte.

Jede Bewegung verriet Argwohn. Tina neigte den Kopf zur Seite, als lausche sie, hielt aber immer noch Abstand. Dann schaute sie zu Boden.

Von innen wurde die Beifahrertür aufgestoßen.

Zuerst verharrte Tina reglos. Dann schlurfte sie, wie angezogen von etwas, das sie sah oder hörte, auf den Wagen zu. Die Frau spürte, wie sich ihr Gesicht anspannte und ihr Magen zusammenzog. Dann verschwand Tinas Schatten im Wagen.

Lautlos fuhr der Wagen an. Richtig unheimlich, dass man einen so leisen Motor bauen konnte.

Die Scheinwerfer wurden größer. Die Frau sah nach dem Nummernschild. Der Wagen glitt vorüber, und sie erhaschte einen kurzen Blick von Tina, die zu ihr heraussah. Dann bog der Wagen um eine Ecke und war verschwunden.

Die Frau atmete aus. Wenigstens hatte sie sich das Kennzeichen gemerkt.



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